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Fortsetzung 7:
Franz Rudolf Kaußmann und Emilie Kaußmann geb. Michel

   Über die Vorfahren meiner Urgrossmutter Johanne Emilie Michel geb. Flügel zitiere ich die Angaben, die ich in einem Briefe an meine Eltern vom 4.10.1939 gemacht habe. Weitere Erkenntnisse sind seitdem nicht mehr hinzugekommen: Sie ist geboren am 23.5.1803 in Guben als Tochter des Schneidermeisters Johann Samuel Flügel . Ihre Mutter war eine 1767 in Guben geborene Johanna Wilhelmine Caroline Schubert . Sie heirateten am 17.11.1791 in Guben. Samuel Flügel, geboren 1761 in Guben ist der Sohn des Gottlob Johann Flügel , bei Geburt seines Sohnes „bei Herrn Obrist Leutnant von Pflugk in Diensten. „Pflugk ist sächsischer Adel und Sachsen lag damals im Krieg mit Preussen. Später ist Gottlob Johann Flügel auch Schneidermeister geworden. Die Ehefrau des Johann Gottlob Flügel war nicht festzustellen. – Johanna Wilh. Caroline geb. Schubert  ist die Tochter eines Christian Gottlieb Schubert , der bei ihrer Geburt – 1767 – „Sergeant von der Leibkompanie“ war, und später – zur Zeit der Heirat seiner Tochter – das Amt eines Kurfürstlich-Sächsischen Torschreibers am Crossener Tor zu Guben innehatte. Schubert ist ein in Sachsen weit verbreiteter Sippenname.

   Als Emilie Michel fünfundzwanzigjährig am 16.7.1867 die Ehe mit dem am Ende seiner Dienstzeit stehenden Vicefeldwebel Rudolf Kaußmann einging, war ihr Vater seit 21, ihre Mutter seit drei Jahren tot. Sie wird aus der Hinterlassenschaft ihrer Eltern eine bürgerlichen Ansprüchen angemessene Aussteuer eingebracht haben, während der von Haus aus mittellose „Zwölfender“ der Kgl. preussischen Armee kaum Gelegenheit gehabt haben wird, ein Vermögen anzusammeln. Dafür hatte er die Anwartschaft auf eine mittlere Beamtenlaufbahn in seiner Heimatstadt anzubieten.

   Rudolf Kaußmann starb am 7. Juli 1892, eine Woche vor dem Fest seiner silbernen Hochzeit. In den 25 Ehejahren hatte ihm seine Ehefrau sechs Kinder geschenkt: Fritz, Gertrud, Klara, Emmy, Lotte und Arthur. Über die Geschwister meines Vaters Fritz Kaußmann  sei kurz notiert:

   Gertrud heiratete einen bis zur Inflation 1923 sehr vermögenden, dann total verarmten Artilleriehauptmann a.D. Ernst Leu, lebte in Berlin und Duisburg und erreichte ein hohes Alter. – Klara wurde Lehrerin, heiratete 1904 den Königlich preussischen Polizeihauptmann Karl Schulze in Berlin (Polizei-Revier Tiergarten), überlebte meinen Vater und starb neunzigjährig bei ihrer Tochter Anneliese in Münster i/W. – Lotte war vor dem ersten Weltkrieg mit einem Kaufmann H. Lüders unglücklich verheiratet, wurde geschieden, lebte dann auf dem Rittergut Linderode bei Sorau in der Lausitz (Ferienparadies für die Kaußmann-Kinder), heiratete um 1920 den Bankdirektor Wilhelm Kühnert (Dresdner Bank in Bonn), starb 1927 plötzlich an einer galoppierenden Lungenentzündung. – Emmy heiratete jung den kaufmännischen Angestellten Hans Raabe, Sohn des damaligen Frankfurter Theaterkapellmeisters. Bald nach Geburt ihres Sohnes (meines Vetters) Rudi verschwand Hans Raabe (weshalb?), blieb verschollen und überliess Frau und Kind völlig mittellos der Fürsorge ihrer Mutter und ihres Bruders (meines Vaters). Sie ist noch vor 1914 in Berlin gestorben.  

 (Rudi Raabe, mein Vetter, entwich 1913 aus der Buchdruckerlehre bei meinem Vater und fuhr als Schiffsjunge von Hamburg nach Australien. Bei Ausbruch des Krieges 1914 versuchte er mit einem deutschen Dampfer nach Deutschland zurück zu kommen. Der Dampfer wurde von den Engländern aufgebracht und Rudi in das berüchtigte Kriegsgefangenenlager auf der Insel Man gesteckt. Dort wurde er 1917 mit seinem bis dahin verschollen gewesenen Vater Hans Raabe zusammengeführt. Der musikalisch hoch begabte Hans Raabe – Bruder des zu seiner Zeit berühmten Weimarer Generalmusikdirektors und Lisztforschers Professor Peter Raabe – hatte in England als Musikschriftsteller und -kritiker gelebt, war nach Ausbruch des Krieges auf der Insel Man interniert worden und wurde Ende 1917 als schwer Kranker ausgetauscht. Er starb 1919 in Berlin.)  

   Arthur Kaußmann, ein Nachkömmling, war von Geburt ein schwächliches und kränkliches Kind, verbrachte eine freudlose Jugend meist in Heimen und Sanatorien und starb noch nicht zwanzig Jahre alt an Lungenschwindsucht.

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