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Das Dorf Prützke und die Lehnschulzenfamilie Kaußmann
Fortsetzung

Ich schrieb an das Pfarramt dieses Ortes mit der Bitte um Auskunft, ob in dem dortigen Kirchenbuch etwa die Geburt des George Kaußmann nachzuweisen sei. Es antwortete der Pfarrer des benachbarten Dorfes Rietz, der die Gemeinde Prützke mit betreute und in dessen Obhut sich das Prützker Kirchenbuch befand: In der Tat stamme besagter George Kaußmann aus Prützke (Abschrift der Geburtseintragung lag bei) und zwar aus der dortigen, überaus fruchtbaren Lehnschulzenfamilie.

Zahlreiche Abkömmlinge aus diesem Stamme hätten im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts die Landwirtschaft in der Zauche (so heißt die Havellandschaft südöstlich von Brandenburg) emporgebracht und besonders den Zuckerrübenanbau gefördert. [Der Brief ist verloren.] Das Missverständnis „Neubrandenburg“ klärte sich dahin auf, daß Brandenburg an der Havel von altersher aus zwei selbständigen Gemeinden – eben Neustadt und Altstadt Brandenburg bestand. Erfreut über diese Entdeckung der Heimat unserer Vorfahren beschloss mein Vater, mit mir und meinem Bruder Ulrich (1911 – 1944) das Dorf Prützke zu besuchen.

Am 12.08.1939 reisten wir mit der Bahn nach Brandenburg a. d. Havel. Bei einem Rundgang durch die Stadt entdeckten wir etliche Firmenschilder mit dem Namen Kaußmann. Am anderen Morgen – es war ein Sonntag – fuhren wir in einem Taxi zunächst in das Dorf Rietz, um bei dem dortigen Pfarrer das alte Kirchenbuch von Prützke in Augenschein zu nehmen. Es handelte sich, soweit ich mich entsinne, um einen stattlichen in braunes Leder gebundenen Folianten, dessen Eintragungen mit dem Jahr 1686 begannen. Ältere kirchliche Urkunden aus Prützke seien, wie uns der Pfarrer versicherte, nicht vorhanden.

Wir fuhren dann zu dem nahe gelegenen Prützke weiter – wir kamen in ein nüchternes märkisches Dorf mit einer vergleichsweise stattlichen Kirche inmitten eines alten Friedhofes, auf dem wir viele Grabmäler mit dem Namen Kaußmann fanden. Unsere Frage nach dem Kaußmann´schen Hof wurde mit der Gegenfrage beantwortet: der Hof von Schulze-Kaußmann? Das war ein einfaches grauverputztes, ziegelgedecktes Wohnhaus, das sich in nichts von den anderen Häusern unterschied, und es empfing uns darin kein Lehnschulze Kaußmann mehr, sondern ein Bauer namens Wagner, der die einzige Tochter des letzten wirklichen Lehnschulzen Kaußmann geheiratet hatte.

Anmerkung d. Red.: Tatsächlich haben Fritz Kaußmann und Ernst Kaußmann damals Friedrich Wilhelm Seeger (1885-1961) und seine Frau Luise Wilhelmine Martha, geb. Kausmann (1887-1974) getroffen.

Diese selbst erschien als eine untersetzte, kräftige Frau von etwa 50 – 60 Jahren. Sie zeigte uns, was sich von den Eltern erhalten hatte: Ein Stoß Gerichtsakten des Lehnschulzen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts – die Lehnschulzenverhältnisse wurden durch die Preussische Kreisordnung von 1872 aufgehoben (s. J. Schultze „Die Mark Brandenburg“ Bd V S. 170) – ein Gebetbuch mit Eintragungen von Familiendaten, die jedoch nicht bis in die Zeit des nach Frankfurt abgewanderten George Kaußmann zurückreichten, an der Wand eine Buntstiftzeichnung des alten Schulzenhofes, der in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts abgerissen worden war.

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